Freitag, 20. Mai 2022

Tag 31: Trabadelo - O Cebreiro

Heute geht es bergauf, steil bergauf ... sogar sehr steil bergauf und es ist die letzte Bergetappe. Der Weg wird ab jetzt recht flach verlaufen und keine großen körperlichen Herausforderungen mehr bieten.

In wenigen Minuten wird Jeannine auch die Grenze von Kastillien nach Galicien überschreiten.



30. Etappe: Trabadelo - O Cebreiro, 18 km


Nachdem heute die ersten um 5:00 Uhr aufgebrochen sind und ich wach war, bin ich auch kurz vor 6:00 Uhr los.

Die ersten Km ging es im Dunkeln mit Stirnlampe auf der Straße los. Nach den ersten kleinen Dörfern war diese Etappe wunderschön. Die Landschaft ist wirklich herrlich und erinnert mich sehr an unsere Eifel.

Das Laufen in den frühen Morgenstunden läuft echt gut und ich laufe die knapp 14 km nach La Faba mit kurzer Kaffeepause durch. Um 9:00 Uhr bin ich da. Eigentlich wollte ich ja unbedingt zu der Stuttgarter Herberge, aber es ist mir zu früh und ich fühle mich gut und möchte noch weiterlaufen.  Also frühstücke ich dort und nehme die letzten sehr steilen 4 km nach O Cebreiro in Angriff.

Der Aufstieg von Las Harreiras nach La Faba war definitiv noch steiler, aber erinnert mich an den Eifelsteig.

Zum Glück habe ich ja meine Stöcke und mein Gepäck trage ich auch weiter tapfer mit mir. Irgendwie schaffe ich es nicht, mich von meinen Sachen zu trennen und sie vorzuschicken. Da ich so gut in der Zeit liege, würde ich morgen gerne weiter als Fillobal laufen, versuche das Bett zu stornieren, was aber leider nicht geht. Also habe ich morgen eine kürzere Etappe.


Aber bergab fällt mir auch schwerer als bergauf. Der Weg nach O Cebreiro ist so wahnsinnig schön. Jetzt sehe ich auch die ersten Pferdepilger und nicht nur deren Scheiße, über die ich hinwegsteigen oder ausweichen muss.

So richtig pilgern ist das allerdings nicht, denn kurz vor O Cebreiro ist ihr Weg zu Pferde vorbei.


Als ich oben ankomme, erwarten mich erstmal Reisebusse mit dämlichen Tagespilgern oder was sie auch sind. Der Ort ist schon sehr touristisch, aber Wein und Bier sind auch hier erschwinglich und schmecken.

Ich esse hier übrigens die bisher teuerste und schlechteste Tortilla. Ich suche mir erstmal die Herberge, die aber erst um 13:00 Uhr öffnet und es sind 11:00 Uhr.

Nach der schlechten Tortilla warte ich die Zeit noch vor der Herberge. Dort hat sich bereits eine Rucksack-Schlange gebildet und ich bin weit vorne :).

Die pünktlich ankommenden Franzosen mit ihren Daypacks möchte sich erstmal vorpfuschen, weil ihr Gepäck ja schon da sein müsste. Es freut mich ehrlich sehr, dass sie ziemlich lange warten müssen. Als sie ihr Bett beziehen, bin ich längst ausgepackt, geduscht und habe die Wäsche erledigt. Es gibt noch Gerechtigkeit und deren Dreistheit, die sie immer zeigen, rächt sich nun.

Nach einer Pause gehe ich in die schöne, schlichte Kirche und nutze direkt die echten Kerzen. Ich beschließe, hier heute Abend in die Pilgermesse zu gehen. Wenn die Tagespilger weg sind, kehrt auch Ruhe ein ... hoffentlich.

Heute habe ich von Alicia aus Brasilien ein Geschenk bekommen. Einen selbstgehäkelten gelben Pfeil von ihrer Tante. Sie hat drei Stück bekommen. Sie wollte mir einen geben, weil wie die gleiche Idee haben, am Geburtstag in Santiago einzulaufen. Ein richtig schönes Geschenk.

So langsam entwickelt sich mein Rucksack zum Pilger-Accessoir-Sammler des Caminos, deshalb entferne ich etwas anderes.


Am Abend gehe ich in meine erste Pilgermesse und bin echt berührt. Die Kirche ist schlicht, wunderschön und warm. Ich versuche, mal nicht zu weinen, was mir natürlich nicht gelingt. Der Priester spricht zwar spanisch, holt aber verschiedene Nationen hinzu für die wichtigsten Textstellen. Es braucht nur ein paar Worte und ich weine sofort los. Mir wird nochmal bewusst, wie viele Kilometer ich nun schon gelaufen bin und es scheint, als ob dieser Priester so stolz auf uns Pilger ist und sagt, wir sollen nun nach Santiago gehen: Ultreia!



















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